Aufführungen, Begegnungen, Filmvorführungen, Workshops
11. — 28. März 2024
LEBENDE SPRACHEN
Die Welt (be)schreiben
VORWORT
Inwiefern sind wir die Autor:innen unserer Welt? Dessen, was uns umgibt, was uns berührt und mit ihr verbindet? Indem wir Dinge benennen, unsere Gedanken und Gefühle in Worte und Gesten fassen, gestalten wir gewissermaßen Realität. Denn Sprache ist nicht nur das Prisma, durch das wir die Welt betrachten, sondern auch ein Werkzeug, sie entstehen zu lassen. Eine Sprache zu „praktizieren“, ob bildhaft, in Lauten oder gestisch, heißt, ihre Grenzen zu erkennen, ihre Konventionen zu brechen, ihre Möglichkeiten zu erkunden. Eine wahre Herausforderung also, sich ihrer zu bemächtigen!
„Keine Sprache ist von Anfang an reich, nur der Gebrauch macht sie reich“, erinnert der ivorische Schriftsteller Jean-Marie Adiaffi. Aber was macht Sprache heute aus? Machen Sprache und unsere Kommunikationsmittel uns zu Demiurgen? Oder ist das Schreiben (Beschreiben, Benennen) von Welt der Versuch, eine Realität zu fassen, die sich uns entzieht?
Auch das Theater gehört zu den „lebenden Sprachen“, feinnervig und konkret zugleich. Mit diesem Themenschwerpunkt gehen wir die Fragen mit einer großen künstlerischen Vielfalt an: Die Schriftstellerin Simone de Beauvoir macht die Intimität von Tagebüchern durchlässig, um (Welt)Geschichte zu (be)schreiben. Briefe aus amerikanischen Gefängnissen öffnen ein Fenster zu einer Welt, aus der ihre Verfasserinnen ausgeschlossen sind. Ungewohnte Freiheiten und Logiken machen in Traumerzählungen neue Räume auf. Tanz feiert den individuellen, spontanen Ausdruck von Körpersprachen. In einem Alter, in dem wir die Macht von Sprache gerade erst entdecken, lernen wir das Wort zu ergreifen. Und natürlich wäre unsere Sprache um einiges ärmer ohne unsere Leseerfahrungen und all die Spuren, die die Bilder und Klänge der Gegenwart in uns hinterlassen.
Barbara Engelhardt,
Theaterleiterin