Körper sind lebendig, verletzlich, endlich – das macht die Menschen gleich. Körper sind aber auch Zuschreibungen ausgesetzt, Kategorisierungen und Bewertungen. So ist die Geschichte der Menschheit auch zu einer Geschichte der Körper geworden, die Ungleichheit schafft. Nicht nur wirtschaftliche Prozesse und politische Systeme wirken direkt auf Körper ein, sondern auch Vorurteile und Intoleranz, Selbstverständnisse und Normative, mit denen wir Identitäten konstruieren. Und so ist der Körper zutiefst politisch, auch weil er seit jeher das Maß der Teilhabe und des Ausschlusses in Gesellschaften bestimmt.

Dass das 20. Jahrhundert die persönliche Selbstbestimmung zum Thema gemacht hat, ändert nichts daran, dass wir nie ganz über unsere Körper verfügen werden. In seiner Abhängigkeit zu anderen können wir ihn nicht isoliert von Systemen betrachten, die auf ihn einwirken. Aber hat er nicht auch ein immenses Potential an Widerständigkeit und Eigensinn?

Michel Foucault hat mit seinem Konzept der Biopolitik gezeigt, wie sehr der Körper seit Jahrhunderten Herrschaftsmechanismen unterworfen ist. Staat und Politik nehmen auf verschiedenste Weise Einfluss auf ihn. Aber dies bringt nicht nur Kämpfe, sondern auch neue Formen der Solidarität hervor – eine Art Aufstand der Körper.

So öffnet sich der Themenschwerpunkt Politische Körper – zwischen Zuschreibung und Widerstand einem weiten Feld, mit den faszinierenden Mitteln von Theater, Tanz und Performance. Mit jener Kunst also, die uns wie keine andere den Menschen als sinnlichen, anrührenden, reflexiven und eminent politischen Körper erfahrbar macht.

Barbara Engelhardt, Theaterleiterin